Yannick Berner - Ihr Aargauer Grossrat

Rupperswil - Eine "Liebesbeziehung"

Geschätzte Damen und Herren
Liebe Mitglieder des Gemeinderats
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Ich freue mich riesig heute hier zu sein und mit Ihnen unseren Nationalfeiertag zu feiern. Herzlichen Dank für die Einladung.

Dass wir heute hier gemeinsam den Geburtstag der Schweiz feiern können, verdanken wir vielen umtriebigen Leuten, allen voran der Bundesfeierkommission und dem Gemeinderat sowie dem FC Rupperswil und seinen vielen Helferinnen und Helfern für die Festwirtschaft. Herzlichen Dank!

Rupperswil hat für mich, in meinem Leben, eine grosse Bedeutung. In meinem Reise-Pass trage ich stolz die Gemeinde Rupperswil als Heimatort auf all meinen privaten und beruflichen Reisen mit. So habe ich immer ein Stück Heimat bei mir.

Rupperswil verdanke ich nicht nur meinen Heimatort, sondern überhaupt sehr viel.

Meine «Liebesbeziehung» zu diesem Dorf hatte schon sehr früh gestartet. Als Schüler mit berufstätigen Eltern hatte ich nämlich jeden Mittwochnachmittag nach der Schule bei meinen Grosseltern am Rupperswiler Erlenweg verbracht. Auch meine ersten musikalischen Versuche starteten hier. Denn die Nachbarin am Erlenweg, Frau Honegger, gab mir mit 5 Jahren den ersten Blockflöten-Unterricht.

Und daraus hat sich eine langjährige Leidenschaft für die Musik entwickelt, die mich noch heute begleitet: Nach vielen Jahren Klarinetten, Klavier und Gesangsunterricht hatte ich meinen Militärdienst als Trompeter im Schweizer Armeespiel bestritten und als Student mit Freunden das ASTOR Orchester gegründet. Das ASTOR ist ein Sinfonieorchester mit Chor, das über die Jahre hunderte von engagierten Jugendliche zusammenbrachte.

Und gerade als engagierter Hobby-Musiker habe ich darum auch die musikalische Einlage des Jodlerchörli aus Niederlenz besonders genossen. Herzlichen Dank für die tolle Darbietung!

Jodeln erinnert mich an meine Grossmutter Elisabeth Berner. Sie ist in den 40er Jahren meinem Grossvater Willy Berner aus dem Appenzellerland in den Aargau nach Rupperswil gefolgt. Und jetzt bin auch ich fast täglich in Rupperswil anzutreffen. Denn auch meine berufliche Karriere verdanke ich Rupperswil. So ist Rupperswil der Hauptsitz und Produktionsstandort unseres Familienunternehmens, der URMA AG.

Liebe Rupperswilerinnen und Rupperswiler, ich bin mir sicher, Sie verstehen inzwischen meine Liebe zu Ihrem Dorf. Ich habe Rupperswil in den knapp 30 Jahren wahrlich so einiges zu verdanken. Nächstes Jahr, wenn die Gemeinde Rupperswil ihr 850 Jahr-Jubiläum feiert, werde ich bestimmt auch da sein und getreu dem Festmotto «Robischwyl fiiret» dankbar von Herzen mitfeiern.

Jubiläum ist ein gutes Stichwort. Unsere Firma feiert am 11. und 12. August ihr 60-Jahre-Jubiläum. Also entschuldigen Sie und heute schon, falls es in der Obermatt dann etwas lauter wird…

Viele von Ihnen sind sicher schon einmal an unserem Fabrikgebäude vorbeispaziert oder gefahren. Vermutlich wissen aber nur wenige von Ihnen, was wir genau machen. Gerne gebe ich Ihnen heute einen kleinen Einblick. Die URMA wurde von meinen Grosseltern als mechanische Werkstätte 1962 gegründet. Übrigens, der Firmenname entstand aus den Vornamen meines Vaters Urs (er feiert heute auch gemeinsam mit uns) und seinem Bruder Markus. Urs und Markus – URMA.

Inzwischen ist die Firma unter der Leitung meines Vaters zu einem internationalen und hochautomatisierten Industrieunternehmen mit weltweit 130 Mitarbeitenden gewachsen. Wir entwickeln und fertigen Präzisionswerkzeugsysteme, die weltweit bei der Bearbeitung präziser Bohrungen eingesetzt werden, z.B. in der Automobil- oder Flugzeugindustrie.

Über die letzten 60 Jahre hat sich die URMA wahrlich stark verändert. So hatten wir die Automatisierung und digitale Transformation bewusst als Chancen genutzt, um unsere Produktion voranzubringen, und somit weiterhin am Standort Schweiz für den internationalen Markt produzieren können.

Und dafür brauchen wir die besten Talente. Unsere Region Aargau bietet immer wieder sehr gute Fachkräfte. Uns ist es ein grosses Anliegen, dass wir uns als Firma gemeinsam mit unserem Team weiterentwickeln. Deshalb müssen wir stetig in unsere Mitarbeitenden – gerade im Zeitalter der Digitalisierung – investieren.

Haben Sie gewusst, dass die Wichtigkeit von gutem Humankapital, also Personal, in der Schweiz historisch schon immer sehr hoch war?

Gemäss Wirtschaftshistoriker sind die Wertschätzung von Qualitätsarbeit und Unternehmertum aber auch gute Bildungsinstitutionen einige der wichtigsten Gründe, warum die Schweiz so erfolgreich war und weiterhin erfolgreich bleibt. Dieses Bewusstsein möchten wir weitertragen.

Es ist uns wichtig, ein attraktiver Arbeitgeber mit moderner Infrastruktur und spannenden Produkten zu sein, ganz getreu unserem Leitbild, welches sich an Fachkompetenz, Geschwindigkeit, Langfristigkeit der Beziehungen, Befähigung der Mitarbeitende und Freude am Fortschritt orientiert. Als Unternehmen haben wir auch eine Verantwortung für die Menschen und die Umwelt in unserer Region. Zusätzlich zur Entwicklung von nachhaltigen Produkten, investieren wir in diesem Jahr deshalb in energieeffizientere Anlagen und Gebäude, Wärmerückgewinnung und Solarzellen.

Ich bin überzeugt davon, dass KMUs – so wie unser Familienunternehmen – ein wesentlicher Teil der Schweiz sind. Die Schweiz ist auch ein Land von den KMUs. Und sie sind auch deshalb das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft, weil sie auch einen grossen Teil der Verantwortung für die Region tragen.

Der heutige Tag ist ein guter Anlass, um zu reflektieren, was wir in der Schweiz – trotz zwei Jahren Pandemie und der aktuellen angespannten geopolitischen Situation in Europa - zusätzlich zum Milizsystem alles richtig gemacht haben und gut machen. Ein wichtiger Faktor ist die Schweizer Wirtschaftspolitik. Auch wenn die Schweiz in der Vergangenheit nicht von falschen Entscheiden bewahrt blieb, so waren sie weniger gravierend wie im benachbarten Ausland. Einmal mehr ist es uns gelungen, eine auf Stabilität ausgerichtete Politik zu verfolgen.

Nicht zuletzt geht der Erfolg der Schweiz aber auch auf zahlreiche Innovationen zurück, die aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken sind: Reiss- und Klettverschlüsse, Sparschäler, Instant-Kaffeepulver, Zuckerwürfel aus Rupperswil, Ricola-«Täfeli», Frischhaltefolie, Maggi-Gewürz, aber auch Doodle für Terminumfragen. Das sind alles Innovationen, die in der Schweiz erfunden wurden.

Unsere Innovationsstärke ist für uns DER Wirtschaftsmotor schlechthin. Innovationen haben unsere Gesellschaft und unser Land immer vorangebracht. Eine gute Mischung zwischen stabiler Wirtschaftspolitik und Erfindergeist hat der Schweiz den heutigen Wohlstand beschert.

In vielen Unternehmen, aber auch Vereinen und Verbänden ist zurzeit ein Generationenwechsel angesagt. Die Babyboomer-Generation geht in Pension. Nicht immer ist es einfach, Nachwuchs zu motivieren oder Mut und Vertrauen zu haben, jungen Menschen Verantwortung zu übergeben. Es braucht von den Älteren auch Toleranz, dass vielleicht am Anfang nicht immer alles derart perfekt ist wie vorher oder eben einfach anders. Einem, der das sehr gut gelingt ist mein Vater. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Vor etwa vier Jahren haben meine Schwester Jessica und ich die ersten Aufgaben im Familienbetrieb übernommen. Inzwischen sind wir in der Leitung voll eingebunden und für unsere eigenen Geschäftsbereiche verantwortlich. Und dieser Monat ist der Dritte im Bunde – mein Zwillingsbruder Oliver – ebenfalls dazu gestossen.
À propos Zwillinge: Falls Sie einmal im Dorf plötzlich doppelt sehen – seien Sie beruhig, wir sehen uns ziemlich ähnlich.

Weil wir drei Geschwister aber alle relativ jung sind, sind wir dankbar über die Unterstützung unseres Vaters, der auch nach der Erreichung des Pensionsalters vor drei Wochen als erfahrener Chef uns weiterhin tatkräftig mit seinem Wissen unterstützt. Beide Generationen können gemeinsam voneinander profitieren und den grösstmöglichen Mehrwert für unsere Firma, unser Mitarbeitende und den Werkplatz Schweiz beitragen.

Wir sind als Unternehmen gefordert und in der Verantwortung, ein moderner Arbeitgeber zu sein: einerseits für die Jüngeren zeitgerechte Arbeitsbedingungen wie gleitende Arbeitszeit zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen, aber anderseits auch fliessende Pensionierungen zuzulassen, so dass man mit 65 Jahren nicht sofort von 100 auf 0 Prozent reduzieren muss, sondern z.B. einem Teilzeitpensum Wissen und Erfahrung an die jüngere Generation weitergegeben kann.

Liebe Damen und Herren, Sie fragen sich vielleicht, warum wir auch als internationales Industrieunternehmen nach wie vor auf den Standort Rupperswil setzen und vor ein paar Jahren sogar ausgebaut haben. Rupperswil ist für uns ein sehr, sehr guter Standort mit idealem Autobahn- und gutem ÖV-Anschluss für eine reibungslose Logistik, aber auch mit freundlichen Nachbarn. Gerade mit unserem 4. Erweiterungsbau im 2015 haben wir einmal mehr sehr gute Erfahrungen mit den örtlichen und kantonalen Behörden gemacht: So haben wir z.B. unsere Baubewilligungen im Rekordtempo erhalten. «Bitte halten Sie dies bei.» Denn da können nicht alle Gemeinden mit Rupperswil mithalten.

Ich habe es schon angetönt, der Generationenwechsel ist längst in vollem Gange – sei es in Firmen, in der Politik oder auch in Vereinen und Verbänden. Sie liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben schon mehrmals Mut bewiesen und z.B. mit der Wahl von Jasmin Bühler-Hofer 2019 in den Gemeinderat damals einer 23-Jährige Frau Ihr Vertrauen geschenkt. Ich verfolge ihre politische Karriere und Arbeit schon länger – und ich kann Ihnen sagen: Ich bin begeistert. Gerade für junge Menschen brauchen wir mutige Vorbilder wie Ihre Gemeinderätin Jasmin Bühler und Ihr Vizeammann Daniel Marti, die sich schon in jungen Jahren stark für die Gesellschaft engagieren.

Leider ist der Rupperswiler Gemeinderat im Schweizer Durchschnitt eine Ausnahme. Wie oft zähle ich selbst mit bald 30 Jahren immer wieder zu den Jüngsten, so ist es in der Politik, so ist es im Geschäft, und auch kürzlich bei der Wahl in den Vorstand des Aargauer Kunstvereins oder in den nationalen Vorstand von Swissmem. In all diesen Gremien bin ich der Jüngste, und das obwohl die Unter-30-Jährigen einen Drittel der Schweizer Bevölkerung ausmachen. Das macht mir Sorgen.

Besonders bei der politischen Stimmbeteiligung ist dieser Altersunterschied auffällig: Lediglich ein Drittel aller 18- bis 30-Jährigen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gehen wählen und abstimmen. Bei den Seniorinnen und Senioren ist die Stimmbeteiligung doppelt so hoch! Aber wieso genau beteiligen sich die Jungen nicht? Wieso nehmen 70 Prozent der Jungen das grosse Privileg, das wir in der Schweiz Demokratie haben, nicht wahr und lassen über sich bestimmen? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, habe ich diesen Sommer damit verbracht, junge Erwachsene diese Frage zu stellen.

Die Antworten darauf sprechen eine klare Sprache: Nebst dem politischen Desinteresse liegt es am Zugang, und es liegt an der Kommunikation und Vermittlung der Inhalte. Das müssen wir ändern.

Meine Damen und Herren, es ist unserer Verantwortung, den Nachwuchs zu motivieren, sich aktiv in unserer Gesellschaft und der Politik wie auch in Vereinen, Verbänden und Unternehmen einzubringen.

Denn: Freiwilligenarbeit, Tätigkeiten im Neben- oder Ehrenamt sind ein altbewährtes Organisationsprinzip der Schweiz. Unser Milizsystem ist unser Fundament und verdeutlicht vor allem auch unsere demokratische Identität. Darauf dürfen wir am heutigen Geburtstag der Schweiz zurecht stolz sein.

Und deshalb freut es mich besonders, dass wir in Rupperswil ein starkes Milizsystem leben und beim Nachwuchs auf einem sehr guten Weg sind.

Liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, Sie haben sicher etwas Verständnis, dass ich meine Rede als Politiker nicht ohne politische Aktualität abschliesse. Wir stehen nämlich vor einer wichtigen Abstimmung im Herbst: Ich habe am Anfang meiner Rede schon vom Generationenwechsel und der Babyboomer Generation gesprochen.

Die Abstimmung steht ganz im Zeichen des Generationenvertrages. Sie ahnen es. Es geht um die Reform unserer Altersvorsorge. Gemäss Prognosen des Bundes, wird die AHV schon in den nächsten Jahren zu wenig einnehmen, um die Renten finanzieren zu können. Meine Generation kann sich momentan nicht darauf verlassen, mit 65 eine sichere Rente zu erhalten.

Die Reform „AHV21“ soll die Einnahmen der AHV strukturell sichern. Denn: die Altersvorsorge ist wie unser Milizsystem und unsere Innovationskraft typisch schweizerisch und eine wichtige Errungenschaft, die es zu erhalten gilt.

Und übrigens, liebe junge Anwesende, dieses Mal wäre es gut, wenn ihr euer Stimmrecht wahrnimmt. Weil: die AHV ist ein Thema, das uns alle einmal betreffen wird und darum für alle Generationen wichtig ist. Ich zähle auf euch!

So, und jetzt wollen wir aber den Geburtstag unserer Schweiz feiern. Ich freue mich, Sie kennenzulernen und nächstes Jahr mit Ihnen liebe Rupperswilerinnen und Rupperswiler auf unser 850-jähriges Gemeindejubiläum anzustossen.

Ich freue mich auf die Gespräche. Vielen Dank für die Einladung und Merci fürs Zuelose.

Hast Du Fragen an mich? Ich freue mich auf deine Kontaktaufnahme!