Erster Erfolg im Aarauer Einwohnerrat
Postulat «Busfreie Altstadt» – Überprüfung der Bus Linienführung in der Altstadt
Sehr geehrte Präsidenten
Geschätzte Mitglieder des Einwohner- und Stadtrates
Geschätzte Anwesende
«Grüsse aus der verkehrsbefreiten Aarauer Altstadt» betitelt ironisch unser Stadtpräsident einer seiner letzten Facebook Posts.
Die vielen Reaktionen und emotionalen Kommentare dazu sagen eigentlich schon alles: Der Bus in der Altstadt ist und bleibt ein heiss diskutiertes politisches Thema.
Auf die einzelnen Kommentare gehe ich nicht ein. Die vielen Kommentare widerspiegeln aber ganz klar die beiden Lager PRO und CONTRA Bus.
Auf die letzte Anfrage unseres FDP Kollegen vor rund 5 Jahren hat der Stadtrat damals beschlossen, nicht mehr weiter über die Routenführung in der Altstadt zu diskutieren. So wurde kritisiert, dass die bisherige Untersuchungen belegt haben, dass die veränderte Linienführung zu einer BBA- und PTT-freien Altstadt eine Verschlechterung des öV Angebotes zur Folge hättet.
Und damit war dieses heiss diskutierte politische Thema wieder vom Tisch.
Heute Abend die erfreuliche Trendwende in der Denkweise des jetzigen Stadtrates!
Wir freuen uns über die neue Offenheit, aus heutiger Sicht eine neue Busführung für die Altstadt zu finden und damit im Sinne unseres Postulates, eine erneute Evaluation durchzuführen.
Gerne gehe ich zuerst auf zwei Befürchtungen ein, bevor ich mich zu den Stadträtlichen Vorschlägen äussere:
1. Befürchtung: «Wenn der Bus nicht mehr durch die Altstadt fahren kann, führt dies zu einer Fahrzeitverlängerung»
Dies betrifft logischerweise vor allem die Stosszeiten.
Mindestens am Morgen könnten wir einer Öffnung der aktuellen Altstadtlinie gemäss Botschaft vom SR bis 09.00 absolut zustimmen.
Bis zu diesem Zeitpunkt sollten die grossen Pendlerströme, welche durch die Bus- und PTT-Linien von Norden zeitgerecht zum Bahnhof geführt werden, beendet sein. So würden auch keine längeren Fahrzeiten entstehen.
Am Abend könnten in den Umfahrungsstrassen durch die Priorisierung der Busvorfahrten mit flankierenden Massnahmen entgegengewirkt werden. Dies z.B. mit der Einführung einer elektronischer Busspur.
2. Befürchtung: «Wenn der Bus nicht mehr durch die Altstadt fahren kann, kann das Altstadt-Gewerbe keinen Umsatz mehr generieren»
Grundsätzlich sind bei uns keine direkten Reaktionen von Zentrum Aarau oder anderen Gewerbekreise auf diesen Vorstoss eingegangen.
Schon bei der Schliessung der Altstadt für den Durchgangsverkehr sind von Seiten Gewerbe grosse Ängste aufgekommen, dass das Altstadtleben sterben würde.
Nach den jetzt vergangenen 10 Jahren hat sich dies aber nicht bestätigt, im Gegenteil.
Insbesondere seit die Haltestellen in der Rathaus- und der Metzgergasse ausserhalb der Gassen an den Zollrain verlegt wurden, sind die Distanzen zu den Altstadtgeschäften um einiges länger geworden. Der Weg in die Altstadt hinauf von der Haltestelle Kettenbrücke, so wie die jetzige Buslinien-Führung in der Nacht, wäre nicht wesentlich länger.
Es gibt heute aber noch Einzelstimmen, die reklamieren, dass durch die Busdurchfahrt die Passagiere doch auf das Angebot der Altstadtgeschäfte aufmerksam würden. Ein wichtiger Marketing-Effekt.
Dies lässt sich aber eigentlich einfach widerlegen. Hat es denn nicht andere Altstadtgassen, wo der Bus nicht durchfährt, aber trotzdem florierende Geschäfte aufweisen? Und was ist zum Beispiel mit der Igelwaid?
Zu den Stadträtlichen Vorschlägen:
1. Variante: Shuttle Bus
Die Mobilität für die Altstadt durch Shuttle-Busse zu regeln, und mit einer Busschleife über den Schachen auszubauen ist an sich interessant.
Diese Lösung hat aber klar den Nachteil, dass unser Bestreben zu einer Busbefreiung nicht erfüllt wäre. Eine solche Ausweitung einer Shuttlebuslinie würde weiter recht grosse Fahrzeuge bedingen. Unserer Ansicht nach gilt es grundsätzlich, zuerst abzuklären, ob überhaupt eine Erschliessung der Altstadt mit Mobilität noch gefragt ist, und ob Leute, die wenig mobil sind, nicht einfacher durch einen Taxisservice mit Elektro-Kleinfahrzeugen effizienter, platzsparender und vor allem kostengünstiger können bedient werden.
Für E-Kleinfahrzeuge gibt es übrigens in anderen Städten kreative Beispiele. Vielleicht liessen sich solche Fahrzeuge auch mit Werbe- und Sponsorengelder finanzieren.
2. & 3. Variante: Eine Altstadtumfahrung am Tag bzw. zu gewissen Zeiten wie die momentane Abendumfahrung
Wir begrüssen diese Ansätze. Unser Vorschlag ist wie gesagt, die Busse bis 09.00 am Morgen durchfahren zu lassen.
Ab 09.00 würde sich dann effektiv eine Verschiebung von Haltstellen ergeben. Dass das eine gewisse Komplexität ergibt, weil gewisse Bushaltestellen nur zu gewissen Stunden bedient würden, kann aus Kundensicht vielleicht am Anfang ein bisschen verwirren. Wenn sich diese Verschiebung aber immer auf die gleiche Fahrplanzeit bezieht, die alternativen Haltestellen immer die gleichen bleiben und das Zentrum von Aarau zudem nicht allzu gross ist, trauen wir regelmässigen Besucher und Busfahrgästen eine schnelle Anpassung zu.
4. Variante: Eine Umfahrung am Wochenende
Die Aarauer Altstadt lebt auch unter der Woche. Die vielen kleinen Kaffees und die Aussensitzplätze der Restaurants werden auch unter der Woche fleissig besucht. Die Gefahr für Kinder und Velofahrer bleibt auch unter der Woche bestehen. Für uns ist eine Wochenend-Umfahrung also klar zu wenig und nicht zielführend.
So. Die Altstadt hat sich verändert, sie ist ein Lebensraum, ein Begegnungsraum geworden.
Die Busversorgung hat sich auch verändert. Die Busse sind zu Grossraumfahrzeugen angewachsen und durch ihre Länge wie Breite erscheinen sie in den Gassen wie eine Elefantenkarawane, die alles und alle zur Seite drängt. Unter den Toren ist zu beobachten, dass die Busfahrer ihre Spiegel einklappen müssen. Gerät man mit dem Velo zwischen den Toren in die Busschlange, muss man sich den Weg durch die offiziell «verkehrsfreie» Altstadt mit diversen Ausweichmanövern suchen. Mit den heutigen hohen Fahrfrequenzen treten diese gefährlichen Situationen laufend auf.
Es freut uns, dass wir neben der FDP von allen im Einwohnerrat vertretenen Parteien sehr schnell jemanden gefunden haben, die unser Postulat mitunterzeichnet haben. Wir hoffen, dass sich diese Zustimmung heute am Abend auch bei den Voten der Fraktionen widerspiegelt. Danke vielmals!